
Rentenbescheide gelten als verlässliche Grundlage für die finanzielle Zukunft im Alter. Doch Rentenberater Christian Lindner berichtet: In rund 40 % der von ihm geprüften Fälle stimmen die Bescheide nicht – fast immer zu Lasten der Rentner:innen. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) widerspricht und nennt deutlich niedrigere Fehlerquoten. Wer hat Recht und was können Versicherte tun?
40 % vs. 0,8 % – die umstrittenen Zahlen
Christian Lindner, Diplom-Volkswirt und Rentenberater aus Dresden, hat seit 1990 über 30 000 Bescheide geprüft. Er erklärt dem Tagesspiegel: „Man kann sich nicht darauf verlassen, dass der Rentenbescheid richtig ist. Fehler gehen fast immer zu Lasten der Rentner:innen.“
Die DRV dagegen verzeichnet 2024:
- 2 Mio. erlassene Bescheide
- 159 000 eingeleitete Widerspruchsverfahren (7,9 %)
- Nur 0,8 % der Widersprüche bestätigten Fehler
- 27,1 % Korrekturen im Abhilfeverfahren, meist durch Nachreichung fehlender Unterlagen
Bundesverband-Präsident Thomas Neumann vermutet, dass Rentenberater:innen eher „kritische Fälle“ vorgelegt bekommen, was die hohe Quote Lindners erklärt.
Ursachen für fehlerhafte Rentenbescheide
Fehler im Bescheid entstehen meist durch unvollständige Daten im Versicherungsverlauf. Häufige Gründe:
- Fehlende Schul‑, Studien‑ oder Kindererziehungszeiten
- Unvollständig beantwortete Gesundheits‑ oder Erwerbszeiten
- Nicht gemeldete Sozialleistungsbezüge oder Wohnortwechsel
- Verpasste Fristen für Nachreichungen
Die DRV verschickt ab 27 Jahren und nach fünf Beitragsjahren automatisch den Versicherungsverlauf. Expert:innen raten: Prüfen Sie Ihr Rentenkonto rechtzeitig – spätestens ein Jahr vor Rentenbeginn.
So gehen Sie vor, wenn Sie einen Fehler vermuten
1. Rentenbescheid gründlich lesen: Achten Sie auf Versicherungszeiten, Rentenart und sonstige Leistungen.
2. Innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen: Formlos schriftlich bei der zuständigen DRV-Stelle mit Begründung und Nachweisen.
3. Nachträglicher Überprüfungsantrag: Auch nach Ablauf der Monatsfrist möglich – allerdings mit längeren Wartezeiten.
4. Projektkontrolle vor Rentenbeginn: Ein Antrag auf Kontenklärung kann oft zusätzliche Rentenpunkte bringen.
5. Nachhalten: Fordern Sie nach einem Monat den Bearbeitungsstand an, falls keine Rückmeldung erfolgt.
Wer hilft bei Fragen und Problemen?
Versicherte können sich an folgende Stellen wenden:
- Beratungsstellen der Deutschen Rentenversicherung (DRV-Beratung vor Ort)
- Unabhängige Rentenberater:innen und Fachanwält:innen
- Verbraucherzentralen und Sozialverbände
Experten-Tipp: Kombinieren Sie berufliche Beratung mit eigenem Lesen des Versicherungsverlaufs – so schließen Sie Datenlücken effektiv.
Fazit: Vorsicht statt Vertrauen
Ob 40 % oder 0,8 % – Fehler im Rentenbescheid kommen vor. Verlassen Sie sich nicht blind auf den Bescheid, sondern prüfen Sie ihn sorgfältig. Frühzeitige Kontenklärung und rechtzeitiger Widerspruch sichern Ihnen die korrekte Rente und verhindern finanzielle Einbußen im Alter.
➡ Weiterführende Informationen und Vergleiche: Altersvorsorge vergleichen